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Montag, 5. August 2024

Frankfurter Schule vor 100 Jahren gegründet

Frankfurter Schule

Die Frankfurter Schule steht für ein Spektrum von Intellektuellen, die langfristig oder zeitweilig dem 1924 in Frankfurt am Main gegründeten Institut für Sozialforschung und dessen Projekt einer kritischen Theorie der Gesellschaft verbunden waren.

Als Frankfurter Schule wird eine Gruppe von Philosophen und Wissenschaftlern verschiedener Disziplinen bezeichnet, die an die Theorien von Hegel, Marx und Freud anknüpfte und deren Zentrum das 1924 in Frankfurt am Main eröffnete »Institut für Sozialforschung« war. Dazu gehören Max Horkheimer und Theodor W. Adorno, Walter Benjamin und Jürgen Habermas, Herbert Marcuse und Erich Fromm, Oskar Negt und Axel Honneth. Sie werden auch als Vertreter der dort begründeten »Kritischen Theorie« begriffen.


Die Bezeichnung »Kritische Theorie« geht auf den Titel des programmatischen Aufsatzes »Traditionelle und kritische Theorie« von Max Horkheimer aus dem Jahre 1937 zurück. Als Hauptwerk der Schule gilt das von Horkheimer und Theodor W. Adorno 1944 bis 1947 gemeinsam verfasste Buch »Dialektik der Aufklärung«, dessen Essay-Charakter sie mit dem zurückhaltenden Untertitel »Philosophische Fragmente« bezeichneten.


In der Frankfurter Schule versammelten sich undogmatische Marxisten, wertkritische Kapitalismuskritiker, die davon ausgingen, dass in der marxistischen Orthodoxie kommunistischer Parteien oft nur noch eine beschränkte Auswahl der Ideen von Karl Marx wiederholt werde und speziell die philosophischen Implikationen ignoriert würden. Vor dem historischen Hintergrund des Scheiterns der Revolutionen der Arbeiterbewegung nach dem Ersten Weltkrieg und des Aufstiegs des Nationalsozialismus in einer zivilisierten Nation begannen Horkheimer und Adorno die Marx'schen Gedanken daraufhin zu untersuchen, inwiefern sie zur Analyse von sozialen Verhältnissen geeignet seien, wie sie zu Marx’ Lebzeiten noch nicht bestanden hatten. Dabei griffen sie auf die Ergebnisse anderer zeitgenössischer wissenschaftlicher Disziplinen zurück. Von besonderer Bedeutung waren hierbei die Soziologie Max Webers und die Psychoanalyse Sigmund Freuds, wobei letztere als Mittler zwischen Basis und Überbau eintrat.

Die Frankfurter Schule verbindet Ideologiekritik mit Gesellschaftskritik unter Verwendung der Dialektik als Methode.

Die Betonung der kritischen Komponente der Theorie entsprang den Bemühungen, die Grenzen des Positivismus, des Dialektischen Materialismus und der Phänomenologie zu überwinden. Die Frankfurter Schule griff hierzu auf die kritische Philosophie Kants und seiner Nachfolger im deutschen Idealismus zurück. Insbesondere Hegels dialektische Philosophie mit ihrer Betonung von Negation und Widerspruch als inhärenten Eigenschaften der Realität war dabei von Bedeutung, zumal seit der Veröffentlichung der Marxschen ökonomisch-philosophischen Manuskripte und seiner Deutschen Ideologie in den 1930er Jahren, die Kontinuität seines Denkens mit Hegel offenbar wurde. Hier schlossen die Frankfurter an Georg Lukács an.

Der erste Forschungsschwerpunkt bestand in der Untersuchung sozialer Phänomene, die vom klassischen Marxismus als Teil des Überbaus oder der Ideologie angesehen werden: Persönlichkeit, Familie, Autoritätsstrukturen (die erste Veröffentlichung des Instituts trug den Titel »Studien über Autorität und Familie«) und die Bereiche Ästhetik und Massenmedien. Die Studien sahen mit Sorge auf die Möglichkeit des Kapitalismus, die Voraussetzungen eines kritischen, revolutionären Bewusstseins zu zerstören.

Die Auseinandersetzung mit dem Wesen des Marxismus selbst bestimmte den zweiten Schwerpunkt des Instituts. Diesem Zusammenhang entsprang das Konzept einer kritischen Theorie.

Die zweite Phase der kritischen Theorie der Frankfurter Schule kristallisiert sich in zwei Werken, die zu Klassikern des 20. Jahrhunderts wurden: Die »Dialektik der Aufklärung« von Horkheimer und Adorno sowie die »Minima Moralia« Adornos. Beide Werke entstanden während des Exils der Autoren in den USA zur Zeit des Nationalsozialismus. Obwohl beide an der marxistischen Analyse festhalten, zeichnet sich in den Werken eine Akzentverlagerung der Kritischen Theorie ab. Aus der Kritik des Kapitalismus, wie sie Marx leistete, wird zunehmend eine Kritik der reinen Naturbeherrschung und ihrer philosophischen Vordenker.

Horkheim und Adorno kehrten die Aufklärung gegen sich selbst, zerlegen sie und zeigen ihre dunklen und dunkelsten Seiten. Sie sagen nicht nur, moderner Fortschrittsglaube sei kalt und würde zu Katastrophen führen, sie zeigen auch sehr genau, weshalb dem so ist und wo bereits am Anfang der Aufklärung, als sie nach und nach die Mythen ablöste, ihre Grundproblem verankert liegt.

In den 1960er Jahren erhob Jürgen Habermas die erkenntnistheoretische Diskussion in seiner Schrift »Erkenntnis und Interesse« auf eine neue Ebene. Er identifizierte kritisches Wissen als auf Prinzipien beruhend, die sich sowohl von denen der Naturwissenschaften als auch der klassischen Philologie durch ihre Orientierung an Selbstreflexion und Emanzipation unterschieden. Damit gab er den Versuch der alten Frankfurter Schule auf, diesen Momenten in der Vernunft überhaupt einen Ort zuzuweisen.

Literatur:
https://images-eu.ssl-images-amazon.com/images/I/41pa-1rAa1L._AC_US218_.jpg
Dialektik der Aufklärung
Dialektik der Aufklärung
von Max Horkheimer und Theodor W. Adorno

Die Frankfurter Schule
Die Frankfurter Schule
von Rolf Wiggershaus

Geschichte der Frankfurter Schule
Geschichte der Frankfurter Schule
von Emil Walter-Busch

Samstag, 10. September 2022

»Der eindimensionale Mensch« von Herbert Marcuse


Der eindimensionale Mensch

»Der eindimensionale Mensch« von Herbert Marcuse ist ein Klassiker der Kritischen Theorie und ein Standardwerk der 68er-Generation. Konsumkritik, Kapitalismuskritik, Sprachkritik, - ein Klassiker der politischen Philosophie meldet sich zu Wort,


Herbert Marcuse (1898-1979) beschreibt eine Gesellschaft, die immer mehr gleichgeschaltet wird durch Massenkommunikation, -transport, -produktion und -konsum. Die Menschen werden dazu gebracht, einheitlich und damit eindimensional zu denken. "Wir sind eine Gesellschaft ohne wirkliche Opposition".

Durch dieses Denken würden die Absurditäten unserer Gesellschaft verdeckt, u.a. würden die Menschen "in Einklang mit der Reklame" durch den im kapitalistischen System erzeugten steten Wettbewerb und Wettrüsten zu Höchstleistungen gebracht - obwohl diese Umstände letztlich dem Einzelnen schaden. "Im Hinblick darauf, was unser fortgeschrittener Lebensstandard an Mensch und Natur vollbracht hat, ist die Frage zu stellen, ob er der Opfer wert war, die seiner Verteidigung erbracht werden".

Das Buch stammt aus dem Jahr 1964, das atomare Wettrüsten und die sprachliche Vertauschung von 'Freiheit' mit 'Unfreiheit' im kapitalistischen Produktionsprozess der Konzerne waren Tagesgespräch, und das Buch war eine der argumentativen Grundlagen der 68er-Bewegung. Die Situation ist unverändert aktuell angesichts der aktuellen Bedrohung durch den Terrorismus und der Globalisierungsdiskussion. Als Ausweg propagierte Marcuse letztlich die Verweigerung des Systems, wenngleich das im Buch kaum ersichtlich ist.

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Wesentliches Mittel zur gedanklichen Gleichschaltung ist laut Marcuse die Sprache, und so widmet er den Großteil seines Werkes der Sprachanalytik - Richtung Orwellschem Neusprech - sowie der Wahrnehmung. Dazu bedient er sich reichlicher Zitate querbeet aus der Philosophie angefangen von den Altgriechen bis hin zu den jüngeren Franzosen. FAZIT: Marcuses Analysen erfolgen auf - vermeintlich - höchstem Niveau, und das ist hier negativ gemeint. Die Ausführungen sind sehr unzugänglich und nur mühsam nachvollziehbar. Das muss nicht sein. Der Umschlagtext (meiner Ausgabe) wundert sich noch, weshalb sich "nur Intellektuelle und Randgruppen" für das Thema interessierten: letztlich erreicht Marcuse nicht sein Ziel, der breiten Masse der Menschen ihre Einseitigkeit, Steuerbarkeit und Widersprüchlichkeit zu verdeutlichen.


"Die gegenwärtige industrielle Zivilisation beweist, daß sie die Stufe erreicht hat, auf der die freie Gesellschaft in den traditionellen Begriffen ökonomischer, politischer, und geistiger Freiheit nicht mehr angemessen bestimmt werden kann; nicht weil diese Freiheiten bedeutungslos geworden sind, sondern weil sie zu bedeutsam sind, um auf die traditionellen Formen begrenzt zu bleiben. Entsprechend den neuen Fähigkeiten der Gesellschaft bedarf es neue Weisen der Verwirklichung."

Herbert Marcuse, »Der eindimensionale Mensch«


Der Ansatz ist sehr interessant und in seiner inhaltlichen Tiefe, sowie der Breite vorangegangener Denker, auf die sich der Autor bezieht, sicher einzigartig. Aber die Struktur ist einfach überkomplex und nicht mal für einen Studenten der Philosophie und Politikwissenschaft, der meint, Hegel zu einem Gutteil verstanden zu haben, in Gänze nachvollziehbar. Der einfache Arbeiter, also letztlich die gesellschaftliche Mehrheit wird niemals einen Zugang zu den faszinierenden Ansätzen bekommen, die Marcuse uns hier darlegt. Eine Kampfschrift gegen bestehende Probleme muss immer auch eine praktische Anleitung sein und darf sich nie im scheinbar unendlichen Kosmos der Worte und Ideen verlieren.

Literatur:

Der eindimensionale Mensch
»Der eindimensionale Mensch«
von Herbert Marcuse

Der eindimensionale Mensch
»Der eindimensionale Mensch«
von Herbert Marcuse

Samstag, 8. Februar 2020

Der Populismus als wiederkommendes Phänomen

Der aufgekommene Populismus ist ein wiederkehrendes Phänomen, läßt sich als zeitlich begrenztes Phänomen deuten und einordnen läßt. Die Betrachtung des Populismus als Phänomen erlaubt die Zuordnung in den Bereich der Phänomenologie. Die Phänomenologie ist ein Zweig der Philosophie, einer der wichtigen – neben der sprachanalytischen Philosophie, der Hermeneutik (Theorie des Verstehens), der Transzendentalphilosophie (nach Kant) und der Dialektik (nach Hegel). Die Phänomenologie befasst sich mit den Erscheinungen und deren Deutung, nicht mit ewigen Wahrheiten, sondern mit Erfahrungen. Die Phänomenologie fragt, ob wir wirklich wissen, was ist, bevor danach die Deutung einsetzt. Begründer ist Edmund Husserl, bekannte Vertreter sind Heidegger und Sartre.
»Der Populismus ist der politisch ungezogene Bruder des Vulgarimus.«
Können die Philosophen dem Populismus etwas wirksam entgegensetzen? - Der Populismus macht deutlich und zeigt auf, daß es ein Irrtum ist zu glauben, es gebe einen gemeinsamen Boden an selbstverständlichen Werten. Die Menschen machen in einer Gesellschaft verschiedene Erfahrungen. Daraus leiten sich verschiedene Vorstellungen darüber ab, wer wir sind und wie wir leben wollen. Darüber müssen wir uns auseinandersetzen. Und dazu brauchen wir die Fähigkeit, Differenzen ­auszuhalten. Was den etablierten westlichen Demokratien fehlt, ist das Bewußtsein für die Prekarität des eigenen Modells. Das kann auch wieder verschwinden. Die Geschichte ist nicht zu Ende. Was Francis Fukuyama 1992 voreilig konstatierte – Liberalismus und Marktwirtschaft hätten sich ­endgültig durchgesetzt – widerspricht fundamental den Prinzipien der Phänomenologie. Diesen Prozess der Entpolitisierung, welcher mit dem neuen Populismus verbunden ist, hat Hannah Arendt (1906-1975) bereits früh vorausgesehen. Für sie steht Politik immer in einem losen Verhältnis zur Wahrheit, weil es in der Politik darauf ankommt wie wir etwas deuten. Weblink: Was die Philosophen dem Populismus entgegensetzen können - www.wp.de Gastbeitrag

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