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Samstag, 10. September 2022

»Der eindimensionale Mensch« von Herbert Marcuse


Der eindimensionale Mensch

»Der eindimensionale Mensch« von Herbert Marcuse ist ein Klassiker der Kritischen Theorie und ein Standardwerk der 68er-Generation. Konsumkritik, Kapitalismuskritik, Sprachkritik, - ein Klassiker der politischen Philosophie meldet sich zu Wort,


Herbert Marcuse (1898-1979) beschreibt eine Gesellschaft, die immer mehr gleichgeschaltet wird durch Massenkommunikation, -transport, -produktion und -konsum. Die Menschen werden dazu gebracht, einheitlich und damit eindimensional zu denken. "Wir sind eine Gesellschaft ohne wirkliche Opposition".

Durch dieses Denken würden die Absurditäten unserer Gesellschaft verdeckt, u.a. würden die Menschen "in Einklang mit der Reklame" durch den im kapitalistischen System erzeugten steten Wettbewerb und Wettrüsten zu Höchstleistungen gebracht - obwohl diese Umstände letztlich dem Einzelnen schaden. "Im Hinblick darauf, was unser fortgeschrittener Lebensstandard an Mensch und Natur vollbracht hat, ist die Frage zu stellen, ob er der Opfer wert war, die seiner Verteidigung erbracht werden".

Das Buch stammt aus dem Jahr 1964, das atomare Wettrüsten und die sprachliche Vertauschung von 'Freiheit' mit 'Unfreiheit' im kapitalistischen Produktionsprozess der Konzerne waren Tagesgespräch, und das Buch war eine der argumentativen Grundlagen der 68er-Bewegung. Die Situation ist unverändert aktuell angesichts der aktuellen Bedrohung durch den Terrorismus und der Globalisierungsdiskussion. Als Ausweg propagierte Marcuse letztlich die Verweigerung des Systems, wenngleich das im Buch kaum ersichtlich ist.

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Wesentliches Mittel zur gedanklichen Gleichschaltung ist laut Marcuse die Sprache, und so widmet er den Großteil seines Werkes der Sprachanalytik - Richtung Orwellschem Neusprech - sowie der Wahrnehmung. Dazu bedient er sich reichlicher Zitate querbeet aus der Philosophie angefangen von den Altgriechen bis hin zu den jüngeren Franzosen. FAZIT: Marcuses Analysen erfolgen auf - vermeintlich - höchstem Niveau, und das ist hier negativ gemeint. Die Ausführungen sind sehr unzugänglich und nur mühsam nachvollziehbar. Das muss nicht sein. Der Umschlagtext (meiner Ausgabe) wundert sich noch, weshalb sich "nur Intellektuelle und Randgruppen" für das Thema interessierten: letztlich erreicht Marcuse nicht sein Ziel, der breiten Masse der Menschen ihre Einseitigkeit, Steuerbarkeit und Widersprüchlichkeit zu verdeutlichen.


"Die gegenwärtige industrielle Zivilisation beweist, daß sie die Stufe erreicht hat, auf der die freie Gesellschaft in den traditionellen Begriffen ökonomischer, politischer, und geistiger Freiheit nicht mehr angemessen bestimmt werden kann; nicht weil diese Freiheiten bedeutungslos geworden sind, sondern weil sie zu bedeutsam sind, um auf die traditionellen Formen begrenzt zu bleiben. Entsprechend den neuen Fähigkeiten der Gesellschaft bedarf es neue Weisen der Verwirklichung."

Herbert Marcuse, »Der eindimensionale Mensch«


Der Ansatz ist sehr interessant und in seiner inhaltlichen Tiefe, sowie der Breite vorangegangener Denker, auf die sich der Autor bezieht, sicher einzigartig. Aber die Struktur ist einfach überkomplex und nicht mal für einen Studenten der Philosophie und Politikwissenschaft, der meint, Hegel zu einem Gutteil verstanden zu haben, in Gänze nachvollziehbar. Der einfache Arbeiter, also letztlich die gesellschaftliche Mehrheit wird niemals einen Zugang zu den faszinierenden Ansätzen bekommen, die Marcuse uns hier darlegt. Eine Kampfschrift gegen bestehende Probleme muss immer auch eine praktische Anleitung sein und darf sich nie im scheinbar unendlichen Kosmos der Worte und Ideen verlieren.

Literatur:

Der eindimensionale Mensch
»Der eindimensionale Mensch«
von Herbert Marcuse

Der eindimensionale Mensch
»Der eindimensionale Mensch«
von Herbert Marcuse

Samstag, 13. November 2021

»Der Mensch in der Revolte« von Albert Camus

Der Mensch in der Revolte
Der Mensch in der Revolte

In seinem 1951 erschienenen zweiten philosophischen Hauptwerk »Der Mensch in der Revolte« bewegt sich Camus wiederum im Grenzland zwischen Literatur, Geschichte und Philosophie.

»Der Mensch in der Revolte« von Albert Camus ist eine Essay-Sammlung seiner grundlegenden Ideen und Thesen. Diese Sammlung von Essays gleicht einer Parforcejagd durch die Ideengeschichte der Moderne, durch die aus Geschichtsphilosophien aller Spielarten hervorgegangenen politischen Theorien und Praxen. Albert Camus entdeckt hier untergründige Verwandtschaften zwischen scheinbar gegensätzlichen Ideologien; er spitzt die einzelnen Theorien und politischen Strategien bis zum Selbstwiderspruch zu und widerlegt eingefahrene Interpretationen.

Albert Camus

Albert Camus setzt seine Überlegungen über die Absurdität und dem Mord mit seinem Werk »Menschen in der Revolte« fort. - Was treibt den Menschen in die Revolte? Die Revolte ist die Unvernunft und das Unverständnis über das menschliche Leben. Er versucht den Mord aus philosophischen Überlegungen zu Rechtfertigen und diesen zu überprüfen. Zuerst beschreibt er die metaphysische Revolte.

Der Revoltierende ist jemand, der nein sagt zu den bestehenden Verhältnissen. Er kämpft für seine Unversehrtheit. Die metaphysische Revolte ist der Tausch zwischen dem Regime der Gnade und dem der Gerechtigkeit. Camus beschreibt die Negation Gottes an den Beispielen von Marquis de Sade, John Milton, Iwan Karamasow und Nietzsche. Der Revoltierende setzt sich mit Gott gleich. Daraus folgt, dass er eine neue Weltordnung entdecken muss. Als logische Folge beschreibt er nach der metaphysischen Revolte die historische Revolte.


Der Mensch in der Revolte


Zu Beginn war die Revolte eine Loslösung aus der Knechtschaft. Der Sklave wollte die Gleichheit mit seinem Herrn und damit dieselben Rechte haben. Erst die französische Revolution wollte den Bürger als Souverän des Staates haben. Danach war Hegel für die Sozialisten das Maß der Dinge. Seine Dialekt von Herr und Knecht wurde von ihnen bereitwillig aufgenommen. Der individuelle Terrorismus der russischen Nihilisten sorgt in Russland für Chaos und Revolte. Für sie war der Tod der höchste Protest. Camus zeigt, dass jeder politische Umsturz durch ein neues Gewaltsystem ersetzt wurde. Dieser Terror fand mit dem dritten Reich und den sowjetischen Konzentrationslager seinen Höhepunkt.

"Was ist ein Mensch in der Revolte?
Ein Mensch, der nein sagt. Aber wenn er ablehnt, verzichtet er doch nicht,
er ist auch ein Mensch, der ja sagt aus erster Regung heraus."

Albert Camus aus: »Der Mensch in der Revolte«

Camus beantwortet seine anfängliche Frage damit, dass das Töten mit der Revolte nicht vereinbar ist. Die Freiheit des Revoltierenden endet bei der Freiheit des anderen Menschen. Die Revolte negiert die Revolution, da sie die Gewalt annimmt. Die Revolte macht der vollständigen Freiheit den Prozess. Sein Fazit lautet, dass der Mord keiner Rechtfertigung bedarf.

Jean-Paul Sartre nahm Camus »Der Werk den Mensch in der Revolte« zum Anlass zur Kritik. Er kritisiertedie unterschiedliche Auffassung in Bezug auf Hegel und Marx. Camus endete mit der Überlegung, dass man in einer hellenistischen Gesellschaft leben sollte. Für Jean-Paul Sartre hat das menschliche Sein immer mit der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zu tun. Er fordert Engagement in der Situation, dieses bedeutet, sich auf die Zukunft hin zu entwerfen. Das vermisste er bei Camus.

In Camus' umstrittenem Werk, wegen dem sich sein langjähriger Freund Jean-Paul Sartre von ihm abwandte, vertritt er die Überzeugung, dass die gesamte Periode nach der französischen Revolution durch den Nihilismus geprägt wurde und ihn bis heute nicht überwunden hat.

Zur Unterstützung seiner Thesen führt Camus exemplarisch die zwei politischen Hauptströmungen des 20. Jahrhunderts und schließlich deren Scheitern im Nihilismus an. Zum einen den Nationalismus, der durch den "Nerobefehl" in den letzten Zügen des Dritten Reichs, den einzigen Wert, den der Rasse, verleugnete. Zum anderen den Kommunismus, der mit seiner angeblichen Liebe zum zukünftigen sozialistischen Menschen, die schlimmsten Verbrechen rechtfertigte. So unterschieden sich der sowjetische Gulag und die Konzentrationslager der Nazis nur durch theoretische Überlegungen, nicht aber in der Konsequenz.

Camus entzieht sich den Dogmen der Extreme und versucht, das in unserer Zeit verloren gegangene Maß wiederzufinden. Er relativiert, indem er eines nicht relativiert, und zwar den Wert des Lebens. Er versucht dem Leben wieder einen schöpferischen Wert zu geben, doch nicht durch Religion, sondern durch Rückbesinnung auf die menschliche Schöpferkraft, dem Menschen als Künstler. Aber auch als Politiker, der in der Revolte sein Ausdrucksmaß gegen die Ungerechtigkeit in der Welt findet, aber deshalb nicht zum Misanthrop und Massenmörder wird.

Camus ist dabei zu keiner Zeit naiv, denn er weiß, dass es zu allen Zeiten Leid und Elend auf der Welt geben wird, und dass Iwan Karamasovs Schrei nach dem "Warum?" ewiglich durch die Geschichte der Menschheit hallen wird. Vielmehr versucht er Wege zu zeigen, um dieser Welt, trotz allem Leid und Elend, wieder einen Wert und eine Schönheit zu geben, die sie in unserer Zeit verloren zu haben scheint.

Albert Camus

Er wurde früh sehr stark vom französischen Existenzialismus und von dem Philosophen Jean-Paul Satre geprägt, dessen Bekanntschaft er 1944 machte. Der Existenzialismus entsprach einem Lebensgefühl, das von der Erfahrung des Zweiten Weltkriegs, des politischen Widerstands in der Résistance und des Zerfalls traditioneller Wertordnungen und Orientierungen geprägt ist. Es findet seinen Ausdruck in einer besonderen Sensibilität für die Absurdität der menschlichen Existenz, die für diese Generation von Philosophen charakteristisch ist.


Der Mensch in der Revolte


In den Nachkriegsjahren war er zusammen mit Jean-Paul Sartre - mit dem ihn kurze Zeit auch ein freundschaftliches Verhältnis verband - einer der Vordenker des Existentialismus. Sein bekanntestes philosophisches Werk aus dieser Zeit ist die Essay-Sammlung »Der Mensch in der Revolte« (1947-1951), die ihm neben viel Beifall auch vielerlei Polemik eintrug, nicht zuletzt die von Sartre, der ihm den Verrat linker Ideale vorwarf.

Sein literarisches Schaffen bewegt sich zwischen Dichtung und Essayistik auf der Grundlage einer Philosophie von der Sinnlosigkeit des menschlichen Daseins und vom Versagen des Gewissens. Den Existenzialismus deutete er in eine Philosophie von der Sinnlosigkeit des menschlichen Daseins.



Die Ausgangsposition von Camus atheistischer Weltanschauung lautet: Es gibt keinen Gott. Die Existenz des Menschen ist sinnlos. Was dem Einzelnen in dieser Situation bleibt, ist die Revolte. Die "permanente Revolte" sah er als Weg zur Überwindung des Absurden an. Der Mensch muss in der Lage sein, die Last der Sinnlosigkeit zu ertragen, Selbstverantwortung übernehmen und nach Glück streben. Nur so wird er Herr seines Schicksals und kann der die Absurdität des Lebens überwinden.

Literatur:

Der Mensch in der Revolte
Der Mensch in der Revolte
von Albert Camus


Weblinks:

Camus lebt - www.camus-lebt.de

Ich revoltiere, also leben wir - www.camus-lebt.de

Samstag, 18. September 2021

»Kritik der zynischen Vernunft« von Peter Sloterdijk

Kritik der zynischen Vernunft Peter Sloterdijk

Die »Kritik der zynischen Vernunft« ist ein 1983 erschienenes zweibändiges Werk des deutschen Philosophen Peter Sloterdijk. Das Werk behandelt den Kynismus/Zynismus als gesellschaftliches Phänomen der europäischen Geschichte. Mit diesem Werk gelang Peter Sloterdijk der Durchbruch als philosophischer Autor. Das zweibändige Werk erschien 1983 vor dem Hintergrund der atomaren Bedrohung und das NATO-Raketen-Nachrüstungsbeschlusses und stieß auf ein großes Echo.

Dieses epochale Werk ist ein Versuch der Neubewertung der Aufklärung im Zeitalter der Gegenwart ganz im Sinne Immanuel Kants. Sloterdijk betreibt darin moderne Aufklärung als Ideologiekritik. Der erste Band beinhaltet die philosophischen Grundlagen. Der zweite Band fächert darauf aufbauend eine Phänomenologie der Handlungsgeschichte auf. In beiden Bänden ist der Text-Bild-Bezug ein integraler Bestandteil des philosophischen Diskurses.



200 Jahre nach dem Erscheinen von Kants »Kritik der reinen Vernunft« sieht sich jede Kritik, die Aufklärung in der Gegenwart einlösen will, mit einer neuen Form des falschen Bewußtseins konfrontiert. Dieses falsche Bewusstsein beruht weder auf Lüge noch auf Irrtum, es ist auch nicht durch die auf eine "Kritik der politischen Ökonomie" gestützte Ideologiekritik aufzulösen.




Zynismus ist das aufgeklärte falsche Bewußtsein. Es ist das modernisierte unglückliche Bewußtsein, an dem Aufklärung zugleich erfolgreich und vergeblich gearbeitet hat. Es hat seine Aufklärung gelernt, aber nicht vollzogen und wohl nicht vollziehen können. Gutsituiert und miserabel zugleich fühlt sich dieses Bewusstsein von keiner Ideologiekritik mehr betroffen, da seine Falschheit bereits reflexiv gefedert ist.

Peter Sloterdijk



Sloterdijk - ein aufgeklärter Vertreter der zynischen Vernunft - übt in seinem Werk moderne Ideologiekritik im aufgeklärten Sinne. Das Herrschaftwissen der Eliten hält sich den Schleier der Demaskierung selber vor - es ist zynisch geworden. Zeit also, sich um eine zeitgemäße Aufklärung zu bemühen. Diesem Unterfangen widmet sich Sloterdijk in seinem epochalen Werk anhand der Verfahrensweisen des antiken Kynismus.

Aufklärung erfordert heute den Mut zur Frechheit, um dem vorherrschenden Herrenzynismus zu begegnen. Für Sloterdijk bedarf moderne Aufklärung eines kynischen Impulses, d.h. der Frechheit von unten. Sloterdijks Werk ist der Kristallisationkern, um den sich eine Realphilosophie eines erneuerten Kynismus entfalten kann.

Dieses Werk ist im besten Sinne aufklärerisch, denn es legt den Finger auf eine Wunde unserer modernen Geschichte. Dass nämlich jeder aufklärerische Impuls irgendwann zu Denkfaulheit und Abgestumpftheit des Herzens verflacht und dann zynisch wird. Anders gesagt: Wer irgendwann in der Geschichte recht bekam, der kämpfte darum, recht zu behalten, und wer so oft recht behielt, dass er sich gar nicht mehr rechtfertigen musste, der wurde gar zynisch.


Literatur:

Kritik der zynischen Vernunft
Kritik der zynischen Vernunft
von Peter Sloterdijk

Samstag, 11. September 2021

Platons Demokratie als Illusion



Der Begriff „Demokratie“ ist eine Erfindung des Philosophen Platon, ein Gedankenexperiment und eine schöne Utopie, immer der Gefahr unterliegend, nur eine Illusion zu sein. Bereits Platons „Demokratie“ stand unter Illusionsverdacht.

Es ist an der Zeit endlich öffentlich darüber nachzudenken, ob die Erfindung des Begriffs „Demokratie“ durch Platon zu einer Illusion geführt hat, die es nie in die Realität schaffen kann. Ist das Gedankenexperiment und die schöne Utopie Platons jemals in der Wirklichkeit angekommen und erfolgreich gelebt worden? Leben wir in einer Demokratie? Was verhindert Demokratie?

Was heisst Demokratie? Grundsätzlich hat sich jeder Staat demokratisch genannt, der nicht als monarchisch oder tyrannisch gelten mag. Nach Platon ist der Monarch ein einzelner, guter Herrscher, der Tyrann ein einzelner schlechter Herrscher.

Das Prinzip der Volksherrschaft – ist es ein theoretisches Wortspiel, kann es in die Realität umgesetzt werden? Demokratie erscheint heute als das politische Bemühen, dem Volk die Erkenntnis zu verschleiern, daß es gar nicht demokratisch regiert wird.

Warum ist Europa im Grunde so wenig demokratisch? Beispiel des heutigen Europas ist ein gutes Beispiel für die nicht vorhandene Demokratie. Dort gibt es nirgends ein wirklich demokratisches System. Nirgends regiert wirklich das Volk. Die Schweiz kommt dem Gedanken nahe. Außer, es gibt Entscheidungen der Regierung, die sie dem Volk keinesfalls überlassen kann.

Es gibt überall Parteien und deren mächtige Vorsitzenden, die die politischen Weichen stellen. Das Volk kann wählen, alle vier oder fünf Jahre. Das ist aber auch schon alles. Jeder weiß, daß Wahlversprechen im Moment ihrer Verkündung schon gebrochen werden. Frau Merkel hat es ja offen zugegeben.

Demokratie herrscht freilich schon, aber nur noch als Illusion. Stört es die Regierten eigentlich nicht, daß sie nicht demokratisch regiert werden?


Weblinks:

Demokratie: Gab es sie je? Gibt es sie überhaupt? Haben wir eine Demokratie? - Querdenken.tv - quer-denken.tv

Platon-Biografie - Biografien-Portal - www.die-biografien.de

Platon-Zitate - Zitate-Portal - www.die-zitate.de


Blog-Artikel:

Über ethische Grundlagen der Demokratie

Samstag, 21. August 2021

Die Idee der Demokratie in der Philosophie


Perikles, der im 5. Jahrhundert v. Chr. als langjähriger Stratege maßgeblich die Politik der attischen Demokratie mitbestimmt hatte, soll die Demokratie (griechisch: δημοκρατία = demokratia -> Volksherrschaft; von „δήμος = demos -> Volk“ und „κρατία = kratia -> Herrschaft, Macht“) als Volksherrschaft beschrieben haben, wo der „Staat nicht auf wenige Bürger, sondern auf eine größere Zahl gestellt ist.“

Damit benannte Perikles die sowohl in antiker als auch moderner Zeit wohl grundsätzlichsten Wesensmerkmale der Demokratie: die Volksherrschaft und das Prinzip der Mehrheitsherrschaft. Doch so unbestritten diese allgemeinen Prinzipien dem Begriff der Demokratie innewohnen, so unterschiedlich sind und waren bis in die heutige Zeit hinein die Auffassungen darüber, wie diese Volks- und Mehrheitsherrschaft denn auszuüben ist. Beispielsweise, ob dies in direkter Form, wie zur Antike in der attischen Demokratie, oder indirekter Form, wie in heutiger Zeit beispielsweise in der BRD, geschehen solle.

Die Untersuchung der verschiedenen Verfassungsmodelle und der Ansätze, wie Demokratie realisiert werden könnte und wie sie bis in unsere heutige Zeit realisiert wurde, mag interessant sein, im Zusammenhang mit der Thematik dieser Arbeit ist diese Fragestellung jedoch irrelevant und eine andere von Bedeutung. Sie lautet: Was verstand Platon überhaupt unter Demokratie? Zunächst einmal ist festzustellen, dass Platon bei seinen Überlegungen natürlich nur einen Bezug zu dem nehmen konnte, was es bis zu seinen Lebzeiten an Demokratie-Vorstellungen gab. Dazu gehören insbesondere auch seine persönlichen Erfahrungen mit der attischen Demokratie. Platon definierte die Demokratie in seinem Werk Politikos zusammenfassend als Regierung der Menge, die „mit Gewalt oder mit ihrem guten Willen […] über die, welche das Vermögen in Händen haben“, regiert.

Zunächst einmal unterteilte er die Staatsverfassungen in „drei positive, wahre, legitime, richtige Formen […]: Philosophenkönigtum, Monarchie und Aristokratie; und in vier negative, falsche, illegitime, verwerfliche Formen: Tyrannis, Oligarchie und Demokratie (wobei er die Demokratie in eine anarchisch-despotische Erscheinungsform und in eine gesetzlich-gemäßigte gliedert, ohne verschiedene Bezeichnungen für sie zu verwenden).“

Das Entstehen der Demokratie, die für Platon aus der Oligarchie hervorging, sah er darin begründet, dass „die Armen siegen und und ihre Gegner töten oder verbannen, alle übrigen aber nach gleichem Recht an Verfassung und Ämtern teilnehmen lassen und die Ämter möglichst nach dem Lose vergeben.“ Als vermeintlichen Vorteil der Demokratie hob er hervor, dass sie „- scheint es – eine angenehme, herrenlose und bunte Verfassung [ist], die ohne Unterschied Gleichen und Ungleichen dieselbe Gleichheit zuteilt.“

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"Das größte Glück (der größten Zahl)" war das populäre Motto der Utilitaristen.

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Entscheidend man sich für das Glück und die Freiheit der größtmöglichen Zahl, so wird man, so N, eine demokratische Kultur bekommen, wo der Massengeschmack triumphiert. Der demokratische Staat mti seiner allgemeien Orientierung an Wohlfahrt, Menschenwürde, Freiheit, ausgleichender Gerechtigkeit, Schutz der Schwachen behindert die Entwicklungsmöglichkeit für große Persönlichkeiten. NSB, S. 67

Den Demokraten warf Nietzsche vor, sie wollten die Massen emanzipieren, und ihnen von der Würde der Arbeit und der Würde des Menschen etwas vorgaukeln, mit der Folge, daß diese erst dadurch ihre Situation als schreiendes Unrecht empfinden würden.

Literatur:

Philosophie der Demokratie
Philosophie der Demokratie
von Hans Joas

Sonntag, 11. Juli 2021

»Sokrates auf dem Rennrad« von Guillaume Martin

Sokrates auf dem Rennrad



Guillaume Martin Guillaume Martin, geboren 1993, gehört als Radprofi zur Weltspitze und ist zugleich Absolvent eines Masterstudiengangs in Philosophie an der Université Paris-Nanterre. 2019 und 2020 fuhr er bei der »Tour de France« jeweils in die Top 12 der Gesamtwertung, bei der »Vuelta a España« 2020 gewann er die Bergwertung. Auch als Autor hat er sich bereits einen Namen gemacht: Er ist Kolumnist für die Tageszeitung »Le Monde« und hat das Theaterstück »Platon vs. Platoche« verfasst, das vom »Théâtre de la Boderie« aufgeführt wurde.

Guillaume Martin gehört zu den besten Radrennfahrern der Welt und er ist zudem auch noch Philosoph - eine Kombination, die viele Menschen sehr verblüfft, aber er ist der Beweis, daß ein Radrennfahrer durchaus auch ein kluger Philosoph sein kann. Um mit dem Vorurteil aufzuräumen, dass Spitzensportler nichts im Kopf hätten und auch nicht sonderlich viel Intelligenz benötigen, hat der französische Radprofi ein Buch geschrieben, das seine beiden großen Passionen vereint. »Sokrates auf dem Rennrad« ist sein erstes Buch.

Guillaume Martin In »Sokrates auf dem Rennrad« schickt Guillaume Martin die bedeutendsten Denker der Geschichte in das größte Radrennen der Welt: die »Tour de France«. Gekonnt und mit viel Humor verwebt er eigenes Erleben, das einen Blick hinter die Kulissen des realen Radsport-Zirkus gewährt, mit dem fiktiven Kampf von Aristoteles, Nietzsche und Gefährten um Windschatten, Reifenbreiten und Etappensiege. Da ist Sartre, der als Teamchef der Franzosen seine Fahrer ermutigt, sich nicht im Peloton zu verstecken. Da ist Marx, der sich um die ungerechte Verteilung der Prämien sorgt. Da ist Kant, der schlucken muss, als er erfährt, dass das Rennen nicht in seinem geliebten Königsberg stattfindet.

In »Sokrates auf dem Rennrad« öffnet der radfahrende Philosoph Guillaume Martin die Schleusen der Fantasie, um seinen Leserinnen und Lesern die Welt des Radsports näherzubringen und sie zum Nachdenken anzuregen. »Stellen Sie sich Sokrates, Aristoteles, Nietzsche, Pascal und Co. an der Startlinie der »Tour de France« vor. Verfolgen Sie ihre Vorbereitung auf das größte Radrennen der Welt, zu dem sie seltsamerweise eingeladen worden sind. Teilen Sie ihre Fragen, ihre Zweifel, ihre Fehler. Tauchen Sie ein in ihr Denken. Treten Sie in die Pedale mit diesen drolligen Athleten, diesen philosophischen Radrennfahrern, diesen Velosophen, wie ich sie gerne nenne«, erläutert der französische Radprofi die Ausgangsidee seines Buches: »Man sagt, daß sie mit einem Zaubertrank ausgestattet sind: ihrer Intelligenz. Aber wird es ihnen gelingen, das begehrte Gelbe Trikot zu erobern?«

Guillaume Martin ist mit seinem ersten Werk ein gleichermaßen kluges wie unterhaltsames Buch gelungen, das tiefgründige Gedanken und spannende Sporterzählung verknüpft und so ein großes Publikum anspricht: Wer sich vor allem für Sport und reflektierte Einblicke ins Profimetier interessiert, lernt nebenbei fast unmerklich die Grundzüge bedeutender Ideen und Theorien kennen. Philosophisch bewanderte Leser hingegen freuen sich über die wiedererkennbaren Züge der Gelehrten im Rennsattel. Und am Ende ist allen klar: Körperliche Höchstleistungen müssen keineswegs im Widerspruch zu intellektuellen Ambitionen stehen. Denn auch und gerade im (Radrenn-)Sport gilt der Leitsatz, den einst Henri Bergson formulierte, der französische Philosoph und Literaturnobelpreisträger: »Man muss wie ein denkender Mensch handeln und wie ein handelnder Mensch denken.«

Literatur: Sokrates auf dem Rennrad
Sokrates auf dem Rennrad
von Guillaume Martin

Samstag, 19. September 2020

Nietzsche sah sich als Künstlerphilosophen

Friedrich Nietzsche



Friedrich Nietzsche war tief beeindruckt von dem Bild des Künstlerphilosophen. In Nietzsches Werk taucht daher der Begriff früh auf und setzt sich bis in die späten Tage fort, so auch in seiner Schrift »Der Wille zur Macht«.

Was aber versteht Nietzsche unter einem Künstlerphilosophen? Er versteht darunter das genaue Gegenteil eines (angestellten) Universitätsphilosophen und Gelehrten, z. B. Schopenhauer versus Hegel. Hinter dem Bild des Künstlerphilosophen steckt stets auch der Gegensatz Freigeist versus gelehrter Akademiker.

Schopenhauer war auch Philosophieprofessor an einer Universität, aber eher wider Willen. Hegel hingegen war der Prototyp eines akademischen Theoretikers und unfähig, Werk und Leben in Beziehung zu setzen.

Bei einem Künstlerphilosophen steht Leben und Werk in Einklang und beeinflussen sich gegenseitig. Ein Dichterphilosoph bringt sein Leben in sein Werk ein und sein Werk in sein Leben oder er versucht es wengistens.

Das Modell für einem solchen Philosophen bildet deshalb weniger der Mathematiker, der mit seinen Begrifflichkeiten arbeitet, als vielmehr der Künstler, der erfindet, indem er erschafft und erschafft, indem er erfindet. Nietzsche steht mit diesem Begriff in der Tradition der Vorsokratiker und Schopenhauers.

Der Künstlerphilosoph will dabei sein Leben zum Kunstwerk machen: Er will sein Leben zur künstlerischen Existenz machen. Er will daraus ein Unikat machen, etwas nie Dagewesenes, Neues, Überraschendes. Nietzsche führte gewiss das Leben eines solchen Dichterphilosophen.

Nietzsche wollte um keinen Preis Philosoph sein, wenn das Ausüben der Disziplin ihn zu Wortspielen, dem Arbeiten mit Begrifflichkeiten und akademischen Fachjargon zwang. Der Freigeist wollte seine philosophischen Untersuchungen selbst von künstlerischen Darstellungspraxen Gebrauch machen.

Der Dichterphilosoph praktiziert Philosophie nicht um der Philosophie willen,, sondern der Kunst willen. Vielmehr praktiziert er praktische Existenzphilosophie, also das Gegenteil der existenzialistischen Philosophie.

Erstere nahm ihren Anfang bei den antiken Philosophen, die sich über das gute, philosophische Leben, über eine praktische Erfahrung der Wesiheit Gedanken machten. Letzere hat ihren Ursprung in der mittelalterlichen Scholastik und deren universitärer Weiterentwicklung.

Nietzsche schwebte als Philosophen das Leben eines Künstlers und einer künstlerischen Existenz vor. Sein Leben ist eher Ausdruck der Kunst, denn der Philosophie. Nietzsche ist der Künstlerphilosoph auf dem Wege zum Übermenschlichen.

Die französische Moralistik von Montaigne bis La Rochefoucauld regte den Aphoristiker Nietzsche an; die französische Aufklärung, besonders Voltaire, formierte die für seinen Denkhabitus maßgebende Konzeption des „freien Geistes“.

Weblink:

Friedrich Nietzsche - www.famousphilosophers.org